Urlaub im Freibad

Je älter ich werde, desto schwieriger wird es für mich, jemanden zu finden, der mein Sommerhobby teilt. Die meisten können nicht nachvollziehen, dass ich schon beim ersten Sommerstrahl im Winter die Monate bis Mai zähle und fortan sehnsüchtig darauf warte, dass endlich die Freibadsaison beginnt. Ab einer Temperatur von 26 Grad muss ich einfach raus. Kopfschütteln meiner Freunde, wenn ich dafür auch schon mal eine Verabredung zum Treffen auf einem schattigen Spielplatz verschoben habe. Was ich daran so toll finde, mich mit 2.000 anderen Gästen, vornehmlich lauten Jugendlichen und dumpfen Großfamilien, auf einen vollgestopften Rasen in ein nach fettigen Pommes stinkendes Freibad mit sonnenmilchverklebtem Wasser zu zwängen? Das ist für mich Sommer! Ich mag das. Und meine Jungs zum Glück auch. Andi kommt, ob aus Mitleid oder Pflichtgefühl weiß ich nicht genau, auch manchmal mit. Und meine Schwester und ihre Mädels und eine Freundin und ihr Sohn. Alle anderen winken dankend ab.

Es gibt allerdings auch für einen Freibadfreak wie mich Abstufungen. Das tollste Freibad, das ich kenne, ist das Freibad Wilhelmshöhe in Kassel, in dem ich einen Großteil meiner Kindheit und Jugend verbracht habe. Darüber werde ich aber noch mal gesondert berichten. Dieses Jahr hat es leider aufgrund von Renovierungsarbeiten geschlossen. Im Umkreis von Köln habe ich vor ein paar Jahren ein Freibad entdeckt, dass dem Freibad Wilhelmshöhe aber schon ziemlich nah kommt. Wer also meine Freibadleidenschaft teilt und sich einen Tag Urlaub von Köln wünscht, der sollte sofort nach Rösrath-Hoffnungsthal fahren. Hier ist es nie so voll wie z.B. im Stadionbad in Köln oder in den etlichen Kombibädern, die weder zum Bahnenschwimmen drinnen noch zum Sonnenbaden draußen geeignet sind mit ihren 20-Meter-Becken und der handtuchgroßen Rasenfläche. Im Stadionbad habe ich die letzten Male trotz beschichteter Decke einen nassen Hintern bekommen, allerdings nicht vom Schwimmen, sondern vom Sitzen auf dem einzigen Schattenplätzchen hinter dem Babybecken – einer dauerhaft schattigen Rasenfläche, die man schon eher als Sumpf bezeichnen könnte. Nicht gerade gemütlich. Ich nehme die von Köln aus etwa halbstündige Autofahrt nach Rösrath-Hoffnungsthal also gerne in Kauf.

Ganz anders in Hoffnungsthal: Das Freibad liegt super idyllisch mit Hügeln des Bergischen drum herum, sanft abfallenden saftigen Wiesen und altem Baumbestand. Im 50-Meter-Becken kann man seine Bahnen ziehen, zusammen mit ein paar anderen Schwimmern, wirklich nur ein paar. Die Wiesen sind sehr großzügig angelegt, man findet immer einen schönen Schattenplatz und wenn nicht, leiht man sich umsonst einen Sonnenschirm und eine Liege. Es gibt ein Kinderbecken mit Rutsche, ein Nichtschwimmerbecken mit großer Rutsche und einen vom großen Schwimmerbecken abgetrennten Springerbereich. Hier kann man den ganzen Tag verbringen und fühlt sich sofort wie im Urlaub. Die neu gestalteten Waschanlagen sind super sauber und sehen aus wie in einem Wellness Spa. Die Gastronomie ist für Freibadstandards außergewöhnlich gut, der Kaffee richtig lecker. Es gibt das übliche, Eis, Pommes, Bratwurst, Süßigkeiten, etc., aber auch Fassbrause und Co. Ich meine, sogar mal ein Schild mit Aperol Spritz entdeckt zu haben. Das habe ich mir aber im Freibad nicht zugetraut. Und dann gibt es eben den richtig leckeren Cappuccino, Latte Macchiato etc. Das Bad hat bis 20.00 geöffnet, und am Abend, wenn es richtig leer und entspannt ist, das Wasser ganz glatt, die Haut ein bisschen spannt von Sonne und Chlor, fühlt man sich noch mehr wie nach einem langen Sommer-Urlaubstag und würde am liebsten für immer bleiben.