Statt Tafelberg und Dinosaurierspuren verbringen wir die letzte Nacht im Dachzelt auf der ältesten Gästefarm des Landes. Und am Ende des Roadtrip sehen wir dann doch endlich echte Raubkatzen.
Willkommen in Swakopmund
Nordsee-Feeling und Little Five
Nach einem beindruckenden Tag im Sossusvlei sitzen wir mit einer Menge toller Eindrücke wieder im Auto und rumpeln über die Schotterpisten. Heute steht die längste Etappe unserer Reise an, es geht einmal quer durch einsame Landschaften von Sesriem nach Swakopmund am Atlantik. 350 Kilometer, von der Distanz her geht die Strecke, aber wegen unterschiedlicher Pistenverhältnisse und kurvigen Passstraßen müssen wir die Geschwindigkeit immer wieder anpassen und fahren teilweise deutlich unter 80 km/h.
Zunächst wechseln die Landschaften alle paar Kilometer und machen die Fahrt sehr abwechslungsreich. Breite Ebene, Savanne, felsige Wüsten und kleinere Waldstücke ziehen wir ein Film an uns vorbei. Wir sehen Springböcke, Oryx-Antilopen und Strauße, hören Musik und Hörspiele. So macht die Fahrt Spaß und die Stimmung an Bord ist gut.
Zwischenstopp in Solitaire
Den ersten Zwischenstopp legen wir in dem einzigen Ort auf der gesamten Strecke ein. Daher hält hier auch so gut wie jeder an, der zwischen Sossusvlei und Swakopmund unterwegs ist. Als wir ankommen müssen wir den Begriff „Ort“ allerdings relativieren. Man nehme eine Straßenkreuzung, eine Tankstelle mit kleinen Shop, verrostete Autowracks als Dekoration, ergänzt als kleines Highlight eine deutsche Bäckerei und gebe den ganzen einen wohlklingenden Namen. Willkommen in Solitaire.
Die Bäckerei erfreut sich größter Beliebtheit, angeblich soll es hier den besten Apfelkuchen des Landes geben, wahrscheinlich auch den einzigen. Wir überprüfen dies selbstverständlich und kaufen ein Stück, dazu noch eine Zimtschnecke, ein Schweineohr und einen Blaubeer-Muffin. Wir setzen uns in eine Holzhütte mit großen Tischen zwischen all die khaki-gekleideten Safari-Rentner, die hier ebenfalls den tatsächlich leckeren Kuchen genießen und sich mit ihrem Outfit perfekt der Umgebung angepasst haben. Wir unterhalten uns in lockerer Runde, tauschen Erfahrungen aus und berichten uns gegenseitig von den jeweiligen Reifenpannen. Danach machen wir die obligatorischen Fotos der Autowracks, in die unsere Jungs direkt einsteigen.
Die längste Etappe der Reise
Die weitere Fahrt wird eintöniger. Das nächste Highlight ist ein Schild am Rande der Straße, das mit unzähligen Aufklebern dekoriert ist. Wahrscheinlich aus Mangel an Alternativen ist es ein beliebtes Fotomotiv. Oder aber, weil es den südlichen Wendekreis markiert, der der südlichste Breitenkreis ist, an dem die Mittagssonne den Zenit erreicht. Er wird auch “Wendekreis des Steinbocks” oder “Tropic of Capricorn” genannt.
Weiter geht es durch triste Einöde. Und dabei haben wir gerade mal ein Drittel diese Etappe hinter uns gebracht. Immer geradeaus geht es bis wir irgendwann eine felsige Hügellandschaft durchqueren. Wir passieren Täler und kleine Canyons. Dabei ist das Fahren etwas anstrengender, da unser Jeep auf der kurvigen Piste oft nach außen driftet und ich Mühe habe, die Spur zu halten.
Irgendwann überqueren wir den Gaub Pass, etwas später den Kuiseb Pass, wo wir an einem Aussichtspunkt mit tollen Blick auf die schroffe Felsenlandschaft halten. Der Kuiseb ist eines der größten Riviere Namibias (Flüsse, die nur zeitweise Wasser führen und sonst trocken sind) und hat in der Gegend einen schön anzusehenden Canyon in den dunklen Stein gefressen.
Wir lassen die Felsenlandschaft hinter uns und steuern auf den Atlantik zu. 150 Kilometer immer geradeaus durch eine staubige, helle Einöde. Hier ist nichts, gar nichts. Jetzt bloß keine Reifenpanne haben, denke ich mir. Das wäre hier keine gute Idee, zumal wir so gut wie keine anderen Autos treffen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit biegen wir kurz vor Walvisbay in Richtung Swakopmund ab. Immer entlang der Sanddünen, die parallel zur Küste verlaufen, geht es nun über eine asphaltierte Straße die letzten Kilometer bis zu unserer nächsten Station.
Küstenidylle in Swakopmund
Nach 5 Stunden haben wir es geschafft, wir sind endlich in Swakopmund angekommen, nach Tagen die erste richtige Stadt (immerhin mit ca. 45.000 Einwohnern) auf unserer Route.
Direkt am windigen Atlantik gelegen versprüht Swakopmund ein wenig Nordsee-Feeling. Das macht zum einen das Wetter, das hier deutlich rauer und frischer ist als im Landesinneren. Zum anderen erinnern die vielen Kolonialbauten ein wenig an pittoreske Strandbäder aus unseren Breitengraden. Unterstützt wird dieses Ambiente durch eine Vielzahl an deutschen Namen, auf die man in der Stadt immer wieder trifft. Die deutsche Kolonialzeit hat hier deutliche Spuren hinterlassen. Denn einen richtigen Aufschwung erlebte damals Swakopmund als es zur Kolonie Deutsch-Südwestafrika gehörte und hier im Hafen die Einwanderer aus Deutschland ankamen.
Unsere Airbnb-Unterkunft mit Meerblick
In Swakopmund verbringen wir drei Nächte und haben uns hier eine Wohnung über Airbnb gemietet. Wenn wir auf Reisen irgendwo auf der Welt eine Unterkunft benötigen, dann ist die Internetplattform immer eine unserer ersten Anlaufstellen. Wir können dort nach ganzen Unterkünften und Wohnungen suchen, die für uns eine sehr gute Alternative zu Hotels darstellen. Auch wenn die Angebote mittlerweile immer professioneller werden und der ursprüngliche Gedanke des Kennenlernens im privaten Umfeld stark in den Hintergrund geraten ist, haben wir bisher immer sehr gute Erfahrungen mit den Wohnungen und den Vermietern gemacht und einige nette Begegnungen gehabt. Mittlerweile kann man auch bei der Suche zwischen Erwachsenen und Kindern unterscheiden, was für Familien hilfreich ist. Denn meist bieten die Vermieter Rabatte für die Kinder an.
Die Wohnung besteht aus einem großen Wohn-Esszimmer mit offener Küche, drei Schlafzimmern und zwei Badezimmern. Sie ist stilvoll und modern eingerichtet, so dass wir uns hier auf Anhieb wohl fühlen. Im Wohnbereich können wir die große Fensterfront komplett aufschieben und haben so sogar einen Blick auf das nahegelegene Meer.
Heiß begehrt sind Waschmaschine und Trockner, die eines der Hauptkriterien für die Auswahl dieser Wohnung waren. Wir haben fast Halbzeit unserer Reise und können so die Gelegenheit nutzen, um unsere Wäsche zu waschen.
Abends fahren wir auf Tipp von Vermieterin Bianca die Küste entlang und kehren in der Tiger Reef Beach Bar ein, einer Strandbar, die auch locker irgendwo auf Sylt stehen könnte. Das Klima passt zu dem Ambiente, abends wird es richtig kühl und windig,
das Meer ist wild und die Wellen tosen lautstark auf den Sandstrand. Zum Glück sitzen wir gemütlich im Innenbereich und bestellen Fisch und leckere Burger. Ich gönne mir eine sehr schmackhafte und günstige Portion Austern.
Living Desert Tour mit Chris Nel
Am nächsten Morgen werden wir bereits um 8:00 an unserer Wohnung von Chris Nel abgeholt. Chris bietet in den nahegelegenen Dünen des Durup Nationalparks Touren an, auf denen er über das Leben in der Wüste berichtet und uns die Little Five, die kleinen Bewohner dieser sandigen Landschaft vorstellt.
Im Jeep sitzt bereits eine deutsche Familie mit zwei Mädchen im ähnlichen Alter wie unsere Jungs. Na, das passt ja bestens und wir verstehen uns auf Anhieb gut. Sofort tauschen sich alle Insassen des Wagens intensiv aus und berichten über das bisher Erlebte. Hier scheine ich mich anscheinend nachhaltig in Position gebracht zu haben, denn von nun an bin ich für Chris das Plappermaul, was ich mir während der kommenden 2 Stunden bei jeder Gelegenheit anhören darf. Aber ich bin nicht der einzige, der sich Sprüche anhören darf. Chris ist eine echte Rampensau und mit großer Leidenschaft bei der Sache. Das macht die Tour zu einem wirklichen Ereignis und einem sehr unterhaltsamen dazu. Wir treffen am Rande der Dünen zwei weitere Jeeps, in denen Chris´ Kollegen noch weitere Teilnehmer eingesammelt haben, eine Schweizer Reisegruppe und ein älteres Paar aus Barcelona. Immer wieder pickt er sich einzelne Personen heraus, macht kleine, liebenswerte Scherze und trägt so zu einer äußerst heiteren Stimmung bei. So macht es dann auch Spaß, ihm zu lauschen und seinen lebhaften Erklärungen zu folgen. In einem lustigen Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch berichtet er uns zunächst darüber, wie das Leben in dieser scheinbar so öden Umgebung funktioniert. Zudem kritzelt er kreative Skizzen in den Sand, um das ganze zu veranschaulichen. So können wir alle, aber auch unsere Jungs genauso wie die beiden Spanier Chris´ Ausführungen bestens folgen.
Das erste Tier, das wir zu Gesicht bekommen ist ein Skink, eine kleine, beinlose Echse. Chris Augen schweifen über einen kleinen Sandhügel, ein gekonnter Griff hinein und schon hat er diese beinlose Geschöpf in der Hand, das er dann den Kindern zum genaueren Anschauen weiterreicht. Ganz ehrfürchtig halten die Jungs es in ihren Händen.
Mit ähnlichem Vorgehen hat er als nächstes einen kleinen Gecko in der Hand, der irgendwo im Sand lebt und den er plötzlich zu Tage fördert. Er setzt das kleine Tier auf den Sand, das daraufhin förmlich erstarrt und sich von uns allen aus nächster Nähe ausgiebig fotografieren lässt. Was er sich wohl dabei denken muss, von einer Horde aufgeregter Touristen so umlagert und abgelichtet zu werden.
Mit dem Jeep fahren wir auf vorgegebenen Wegen durch die imposanten Sanddünen. Chris legt großen Wert darauf, dass diese wunderschöne Landschaft und ihre Tierwelt geschützt wird und er diese nicht durch unsinniges Herumheizen zerstört. Die Fahrt durch die Dünen gleicht teilweise einer Achterbahnfahrt und ist ein super Erlebnis. Zwischendurch halten wir immer wieder an und Chris beweist seinen scharfen Blick. Sei es, dass er kleinste Löcher im Sand erkennt und somit das Heim einer Spinne, der giftigen Dancing White Lady, erkennt und diese zackig herausgräbt. Oder wie er plötzlich eine Klapperschlange hervorzaubert, die wir alle aus nächster Nähe, aber dennoch mit ausreichend Sicherheitsabstand bewundern können.
Weiter geht es in abenteuerlicher Fahrt durch die Dünen. Plötzlich hält Chris an und zeigt irgendwo in die Weiten des Sandes. “Da, ein Chamäleon!” Ich kneife die Augen zusammen und versuche wie alle anderen in unserem Wagen, irgendetwas zu erkennen. Wir steigen aus dem Wagen aus und folgen Chris ungefähr 30 Meter bis wir vor einem ungefähr 20 Zentimeter großen Wüstenchamäleon stehen. Respekt! Bestens vorbereitet hat Chris ein paar Maden dabei, die er dem Chamäleon anbietet. So können wir beobachten, wie die Zunge herausschnellt und die Beute im Maul des Tieres verschwindet. Auch interessant ist die Gangart des Chamäleons. Leicht vor- und zurückwippend marschiert es durch den Sand, Chris vergleicht es mit der Tanzart von Michael Jackson. Dabei simuliert das Chamäleon lediglich ein Blatt, das im Wind hin- und hergeweht wird, die perfekte Tarnung und Schutz vor Raubvögeln. Dass sich ein Chamäleon seiner Umgebung farblich anpassen kann stimmt grundsätzlich, jedoch ist die Färbung eher auf die jeweilige Stimmung zurückzuführen. Als wir ankommen ist das Tier zunächst schwarz. Beim Anblick der Made und der Aussicht auf eine reichhaltige Mahlzeit steigt die Stimmung schlagartig und es färbt sich in Sekundenschnelle in einen hellgrauen Farbton.
Nach der Tour verabreden wir uns mit der deutschen Familie zum Abendessen in der Tiger Reef Beach Bar, unserem Stammlokal in Swakopmund. Vorher unternehmen wir noch einen Spaziergang durch die kleine Innenstadt, nicht ohne dass ich vorher noch von einem vermeintlichen Parkwächter abgezogen werde. Obwohl wir ja viel reisen und einiges schon erlebt haben, falle ich auf den Scherzkeks herein, der mich mit irgendeinem Ausweis überrumpelt und mir für das Parken 200 N$ abknüpft. Erst als er zügig abzieht rechne ich nochmal nach und stelle fest, dass umgerechnet 13 Euro für eine Stunde Parken recht ordentlich ist. Aber was soll ich mich aufregen, so hat er heute seinen persönlichen Erfolg erzielt und wahrscheinlich seine Familie für diesen Tag glücklich gemacht.
Kommentare
Da habt ihr wieder eine tolle Reisebeschreibung mit schönen Fotos abgeliefert. Super!
Vielen Dank!
Judith
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