Ich will zurück nach Westerland
Silvester in den Dünen auf Sylt
Nachdem wir letztes Jahr vor den Weihnachtsferien fieberhaft überlegt haben, wo wir über den Jahreswechsel noch ein bisschen Sonne tanken könnten (und nach Andis wochenlangen Recherchen nach interessanten und einigermaßen bezahlbaren Angeboten schließlich auf Malta gelandet sind), haben wir die Frage dieses Jahr umgedreht: Wo können wir einen richtigen Winter erleben, vielleicht sogar mit etwas Schnee? Jahresbeginn an der tosenden Nordsee wäre auch mal toll.
So sind wir auf unser Weihnachtsferienprogramm gekommen: Am 27.12. starten wir von Kassel aus in Richtung Sylt. Die Fahrt dauert nicht wie vom Navi geschätzt 5 (das kam uns schon gleich etwas sehr optimistisch vor), sondern ganze 10 Stunden. Immerhin haben wir Glück und der Autozug verkehrt heute wieder. Wegen Hochwasser und Sturm mit Windstärke 12 war der 11 km lange Hindenburgdamm, der Sylt mit dem Festland verbindet am 2. Weihnachtstag ab 13.00 gesperrt. Entsprechend lang ist nun die Schlange der Wartenden, als wir den Verladebahnhof Niebüll nachmittags erreichen. Unserer Laune tut das keinen Abbruch. Wir hören Westerland von den Ärzten und die Jungs dürfen Filme gucken. Beim Autozug Sylt hat unsere kurze Schlange, die aus normalen PKW besteht, glücklicherweise Vorrang vor den SUVs, die geschätzt 90% der Syltreisenden ausmacht (manche Klischees stimmen eben doch). Mato verschläft die ruckelige, nur 35 Minuten dauernde Überfahrt auf dem Autozug. Leider ist es inzwischen (19.15) so dunkel, dass wir aus dem Fenster weder Damm noch Meer erkennen können.
Unsere Jugendherberge Dikjen Deel liegt mitten in den Dünen im Süden von Westerland an der Westküste Sylts. Über einen Holzsteg ist man in 2 Minuten am breiten Sandstrand, der uns in seiner Schönheit sofort klarmacht, warum außer uns auch Tausende andere Touristen im Winter nach Sylt pilgern. Zuletzt war ich mit 16 auf einer internationalen Jugendfreizeit auf Sylt. Die Schönheit der Landschaft ist aber offenbar das, was mir am wenigsten im Gedächtnis geblieben ist.
Als wir aus dem Auto aussteigen, bläst uns direkt die steife Nordseebrise ins Gesicht. Die Luft ist feucht und duftet nach Nordsee. Über die Dünen hören wir das Meer brausen. Mit einigen anderen Familien (insgesamt sind wir eine Gruppe von 102 Personen) haben wir das 5-Tage-Silvester-auf-Sylt-Programm der Jugendherberge gebucht. Ein Experiment für uns, Programm nicht selbst zu gestalten, sondern mitzumachen. Allerdings haben wir daneben auch genügend Zeit, die Insel selbst ein bisschen zu erkunden. Und das Programm ist wirklich gut und macht nicht nur den Kindern, sondern auch uns Spaß. Die Atmosphäre in der Jugendherberge ist familiär und richtig nett. Obwohl die meisten Familien im Schnitt eher drei als zwei Kinder haben, ist es erstaunlich ruhig und entspannt. Vom Säugling bis zum Teenager sind hier alle Altersklassen vertreten und unsere Jungs finden schnell neue Freunde. Die Kinder können hier nicht verlorengehen und spielen sehr selbstständig. Soviel Freizeit hatten wir als Eltern lange nicht mehr. Mit anderen Familien hängen wir in den großen Gemeinschaftsbereichen herum, lesen, spielen Spiele und machen sogar mal nachmittags ein Nickerchen. Herrlich entspannt!
Folgende Aktivitäten können wir Euch im Winterurlaub in Westerland auf Sylt empfehlen:
1. Eine selbst organisierte oder geführte Strand- oder Wattwanderung unternehmen
Die von der Öffentlichkeitsarbeit der Schutzstation Wattenmeer angebotene Tour ist sowohl für kleine als auch große Syltbesucher interessant. Unsere Strandführerin Geeske vermittelt uns nicht nur viel Wissen über Dünen, im Meer und am Strand lebende Pflanzen und Tiere, sondern bindet uns auch aktiv ein, z.B. indem wir jeder eine Pflanze, ein Tier und Müll (ja, Umweltschutz ist hier auch ein wichtiges Thema) sammeln sollen, die sie anschließend erläutert. Die Kinder freuen sich über einen kleinen Rucksack, der gut bestückt ist mit praktischen Forscherutensilien wie Keschernetz und Lupenbecher.
2. Besuch im Aquarium Sylt (in Westerland) mit Haifütterung
Man läuft hier durch mehrere Tunnel und kann z.B. riesige Rochen von unten betrachten. Aber auch Muränen und die unterschiedlichsten Fisch- und Haiarten sind hier vertreten. Wir haben die Fütterung um 15.00 mitgemacht. Aus dem netten Museumslädchen haben wir die Kinder kaum heraus bekommen. Hier kann man auch gut Postkarten (und Briefmarken) kaufen. Das im Aquarium untergebrachte italienische Restaurant (mit Bällebad für die Kleinen) hat leckere Gerichte auf der Karte. Bedingt durch die Vollverpflegung in der Jugendherberge mussten wir darauf leider verzichten.
3. Beim Lagerfeuer bei Stockbrot, Kinderpunsch und Glühwein spannenden Klabautergeschichten lauschen
Dieser gemütliche Abend auf dem Außengelände der Jugendherberge war im Silvesterprogramm enthalten.
4. Seesterne sammeln am nördlichsten Zipfel Deutschlands: auf dem Ellenbogen von Sylt
„Willkommen in Dänemark“ simst mir mein Handy. Roaming kostet 1,99 pro Tag. Aber Moment mal! Wir sehen Dänemark zwar vom Ellenbogen-Strand aus, sind aber noch am nördlichsten Punkt Deutschlands. Das wird unser bisher längster Strandspaziergang mit den Jungs. Und das liegt nicht so sehr an der Schönheit des Strands, sondern vielmehr an den vielen Seesternen, die die Jungs hier finden, in allen Größen. Hier kommen nun auch Keschernetz und Lupenbecher von der geführten Strandwanderung zum Einsatz.
5. Das rote Kliff suchen
Irgendwo zwischen Wenningstedt und Keitum im Westen der Insel, nördlich von Westerland muss es sein. Reiseführer, Wegweiser und Navi weisen darauf hin. Gefunden haben wir es trotzdem nicht. Oder bloß nicht erkannt? Da müssen wir wohl nochmal zum Sonnenuntergang wiederkommen, wenn die steile Westküste von der untergehenden Sonne rot strahlt.
6. Wasserspaß in der Sylter Welle
Die Bezeichnung „Spaßbad“ schreckt mich zugegebenermaßen eher ab. Die Sylter Welle haben wir der Kinder wegen besucht. Und hatten hier selbst auch erstaunlich viel Spaß. Was wir hier erlebt haben, das erzählt Euch am besten Milan:
„Da war ein großes Schwimmbad mit sehr warmem Wasser und einem Strudel, der wirklich sehr heftig war. Bei meiner Tauchervorliebe musste ich durch den Strudel hindurchtauchen. Und es gab ein anderes Becken, in dem sehr hohe Wellen waren. Wenn man es geschafft hatte, durch die Wellen zu surfen, konnte man ein Board kriegen, leider aber nicht geschenkt. Noch was Wichtiges für mich war die Wasserrutsche auszuprobieren. Man setzt sich in runde Donuts, mit denen man dann durch eine Wasserrutsche fliegt und dann wieder im unteren Geschoss auftaucht. Es gab drei Rutschen. Die in der Mitte hatte es wirklich in sich. Man raste mit hoher Geschwindigkeit durch einen Wassertunnel. Man kann auch sagen es sei eine Wassergeisterbahn. Es war sehr dunkel und bunte Lichter leuchteten auf. Ein paar Minuten war es stockdunkel. Aus dem Schwimmbad hatte man freien Blick aufs Meer. Es hat wirklich Spaß gemacht.“
7. Bei einer Nachtwanderung den großen Wagen und die Milchstraße bestaunen
Die Kinder finden es etwas gruselig. Es ist für Kinder, die im Herzen Kölns aufwachsen, ja auch sehr ungewöhnlich, stockfinster ist es und überall leuchten Millionen Sterne. Sogar die Milchstraße ist deutlich erkennbar. Der große Wagen sowieso. Andere Sternbilder kennen wir leider nicht. Macht aber nichts. Sie leuchten uns auch so den Weg über die Dünen zum Strand. So sind wir noch mal gut durchgepustet und können anschließend gut schlafen.
8. Mit dem Ausflugsboot in See stechen und Seehunde auf Sandbänken beobachten
Vom Hörnumer Hafen an der Südspitze der Insel aus fahren wir mit der „Adler IV“ zu Seehundbänken hinaus. Mit den Ferngläsern, die man auf dem Schiff gegen Pfand (z.B. eine Lego Ninjago Karte, aber eine limitierte!) ausleihen kann, erkennt man die Tiere gut. Außerdem wird von Geeske, die wir schon von der Strandwanderung kennen, und ihren Kollegen von der Schutzstation Wattenmeer ein Fangnetz ausgeworfen und einiges über die gefangenen (und anschließend wieder freigelassenen) Tiere erzählt. Von der kleinen Scholle bis zur Nordseekrabbe, Seestern und Einsiedlerkrebsen war einiges dabei.
9. Am windigen Strand von Westerland den Drachen steigen lassen
Das haben Milan und Mato mit der Familie ihrer neuen Freunde, die sie hier gefunden haben, ausprobiert. Wind gibt es hier jedenfalls genug. Wir hatten unseren Drachen leider nicht dabei.
10. Das Erlebniszentrum Naturgewalten in List besuchen
Das ist ein Tipp, den wir von einer anderen Familie weitergeben können. In der interaktiven Ausstellung kann man anfassen, ausprobieren und mitmachen und so z.B. Wetterereignisse, Wanderdünen und Gezeiten besser verstehen.
Von den vielen Ausflugs- und Unternehmungsmöglichkeiten mal abgesehen lädt Sylt auch zum faulenzen und gut essen ein. Der Reiseführer hat mir verraten, woran es liegt, dass wir hier auf Sylt ständig hungrig sind, abends um 10 einschlafen und morgens um 8 nicht aus dem Bett kommen: es liegt am Sylter Reizklima.
Kommentare
Bericht und Fotos - einfach perfekt!
Moritz
Wir kommen gerade von der Nordsee zurück und genießen eure Fotos und den Bericht nachträglich! Sehr schön!
VG Simon
Hachz Sylt, danke fürs Mitnehmen. Da habe ich vor (viiielen) Jahren mal bei der Tourismus Zentrale ein Praktikum gemacht. Die Sylter Welle wurde gerade gebaut, schön wars. Habe es danach nur noch einmal geschafft, auf die Insel zurückzukehren. Es wird mal wieder Zeit :-)
Liebe Grüße, Ines
Hallo Ines,
ein Praktikum auf Sylt klingt ja interessant. Für mich war es das erste Mal auf Sylt und mir hat es wirklich sehr gut gefallen. Es gibt immer wieder schöne Ecken hier in Deutschland, die es zu entdecken gilt.
Viele Grüße, Andi
Sylt im Winter hat was!
Eure Fotos fangen die Stimmung gut ein.
Jana
Danke, Jana. Sylt im Winter war wirklich toll!
Viele Grüße, Andi
Fotos und Bericht tun der Winterseele gut! Danke.
Maren
Liebe Maren,
das freut mich, danke für Dein Feedback und herzlich winterliche Grüße, Jenny
Hallo,
wir verfolgen ja speziell eure Jugendherbergsberichte.
Sylt ist für uns neu, aber die JH scheint ja super für Familien zu sein. Auf jeden Fall hat uns der Bericht sehr angesprochen.
Niklas
Hallo Niklas,
ja, die Jugendherberge Westerland ist sehr familienfreundlich, und zwar für Familien mit Kindern aller Altersstufen. Viel Spaß beim Austesten.
Viele Grüße von Jenny
Sylt hatte bisher für uns den Stempel "elitär, besser meiden".
Euer Bericht und die Fotos sind aber so ansteckend gut....!
Erik
Lieber Erik,
wenn Du "elitär, besser meiden" auf Sylt vermeiden willst, können wir die Jugendherberge Dikjen Deel auf jeden Fall empfehlen!
Viele Grüße von Jenny und Familie
Liebe Jenny, was für eine Freude..."Syltvester" Erinnerungen, die wir mit euch teilen. Wir waren 5 der 102, die mit euch in Westerland waren. Schön auch mal auf diese Weise rückblickend auf einen Urlaub gucken zu können. Und Gruß an alle, die genauso verrückt wie ihr und wir waren und den 1. Autozug an Neujahr genommen haben. Ein reisefreudiges Jahr wünschen Euch Viola, Henry, Jonte, Luan und Juka
Hallo Ihr 5,
ja, das war ein schönes "Syltvester" zusammen, auch wenn es am 1.1. schon um 6.00 mit der Abreise endete.
Wir wünschen Euch auch viele schöne Reisen in 2017 und freuen uns auch auf Eure Berichte davon.
Herzliche Grüße, gerade wieder aus dem Schnee im Hochschwarzwald,
Jenny und Familie
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