Durch gepflasterte Altstadtstraßen schlendern, die Frühlingssonne im Park und Zoo genießen, wuseliges Treiben auf dem Markt, Kunst vor mittelalterlicher Kulisse und noch eine Kirmes dazu. Wenn ihr ein Wochenende mit Teenagern in Lille unterwegs sein, gibt es viel zu sehen und zu tun!
Roadtrip zur EURO
Mit dem Wohnmobil quer durch Frankreich
„Ihr seid beim falschen Spiel!“ Diese Reaktion erleben wir ziemlich oft, als wir stolz unsere Selfies aus dem Stade Vélodrome in Marseille vom EM-Vorrundenspiel Ukraine - Polen posten. Zwar befinden sich beide Teams ebenfalls in der Gruppe C der Deutschen, aber es spielt eben nicht Deutschland. Die deutsche Nationalmannschaft spielt am letzten Spieltag der Vorrunde zeitgleich gegen Nordirland und sollte zur Beruhigung aller und für ein entspanntes Weiterkommen ihr Spiel gewinnen. Wir dagegen dagegen sitzen zwischen lauter weiß-rot-gekleideten Menschen und verstehen kein Wort der laut vorgetragenen Schlachtrufe.
Schon früh ist ein paar Kollegen und mir die Idee gekommen, dieses Jahr zur Europameisterschaft nach Frankreich zu fahren. Einzig den richtigen Zeitpunkt für die Ticketvergabe der Deutschland-Spiele hatten wir verpasst. Und so ganz ohne Tickets loszufahren macht auch nicht viel Spaß. Als wir aber zufällig über einen Arbeitskontakt an Tickets für das besagte Polen-Spiel gegen die Ukraine kommen, unseren in Polen geborenen Kollegen mit einpacken und bei der Gelegenheit noch einen kleinen Job von unterwegs erledigen können, gibt es kein Halten mehr. Wir machen uns auf einen spontanen 5-Tages-Roadtrip nach Marseille - als Polen-Fans.
Die beste Art, einen Roadtrip zur EM zu unternehmen, ist in einem Wohnmobil zu fahren. Wir entscheiden uns für das Modell Argos Time A 670 von Bürstner, das wir von InterCaravaning beziehen. Unser neues Zuhause für die nächsten Tage ist perfekt für uns ausgestattet. 4 Schlafkabinen, Küche, Dusche und WC, dazu noch genug Stauraum für Tisch, Stühle und Grill. Und unser Highlight und der Grund, warum wir für die Hinfahrt mehr als 24 Stunden benötigen: Der Flatscreen und eine Satelitenschüssel auf dem Dach.
Nach der Übergabe und der Einweisung in die vielen Details und die umfangreiche Ausstattung des Wohnmobils gehen wir erstmal einkaufen und packen den Wagen voll mit notwendigem und nicht notwendigem Proviant für die Fahrt. Zum Glück gibt es wirklich ausreichend Stauraum für das ganze gesunde Essen, das wir kaufen.
Doch schon die Abfahrt verzögert sich, da wir erstmal vor unserer Haustüre den TV-Anschluss überprüfen und das Abendspiel anschauen müssen. Danach geht es los in die Nacht. Einmal quer durch die Eifel und Luxemburg auf dem schnellsten Weg nach Frankreich und auf die Route du Soleil.
Unterwegs macht sich die Tatsache bemerkbar, dass unsere Satelitenschüssel bei jedem Stop perfekte deutsche Fernsehbilder liefert. Dazu ist die Sitzecke mehr als gemütlich. Uns bleibt demnach nichts anderes übrig, als jeweils um 15, 18 und 21 Uhr anzuhalten und auf irgendwelchen Autobahnraststätten die Spiele zu sehen. Das ist zwar schön und befriedigt unsere Lust auf Fußball (auch wenn die meisten Spiele sehr zu wünschen übrig lassen), so richtig flott kommen wir jedoch nicht voran.
Irgendwann kommen wir tatsächlich unserem ersten Ziel in der Nähe von St. Tropez näher. Es ist 3 Uhr nachts als wir nach Stunden endlich die Autobahn verlassen. Wie schön, dass unser Navi kurz vor Ziel und mitten in der Nacht den Anspruch hat, uns die landschaftlich reizvollste Strecke zu präsentieren. Auf den letzten Metern geht es in romantischem Mondlicht auf einer engen, kurvigen Landstraße durch einsamen Wald und über Berge, wo uns fast ein Wildschwein vor den Wagen läuft. In letzter Sekunde kann ich bremsen, während das Tier auf der anderen Seite der Straße im Gebüsch verschwindet.
Endlich kommen wir am Meer an. Der Plan, einfach irgendwo in Strandnähe zu parken und die restliche Nacht hier zu verbringen zerschlägt sich schnell. Wir sind in einer Art französischem Beverly Hills gelandet. Überall kleine, feine Ferienhäuser und schicke Villen, sauber angelegte Straßen mit Palmen gesäumt. Und überall Verbotsschilder für Wohnmobile. So irren wir ein wenig verloren durch die verschiedenen Straßen bis wir zufällig einen Parkplatz nur für Wohnmobile finden. Direkt am Strand und mit Stromanschluss. Um die Uhrzeit ist kein Parkplatzwächter mehr da, das Tor ist aber freundlicherweise offen, so dass wir reinfahren und den Motor für diese Nacht endgültig abstellen können.
Am nächsten Morgen werden wir sanft durch penetrantes Klopfen an unsere Türe geweckt. Man hat uns bemerkt und der Parkplatzwächter kassiert von uns 15 Euro inklusive Strom für die Nacht und den Tag. Absolut in Ordnung, da es hier keine sanitären Anlagen gibt. Wir duschen also schön warm im Wohnmobil, nur leider reicht das Wasser nur für drei Personen. Der vierte Kollege muss sich noch etwas gedulden.
Unser Stellplatz ist nur wenige Meter vom Plage de Pampelonne entfernt. Die Sonne scheint, das Wasser sieht herrlich aus. Wir sind angekommen.
Am Nachmittag fängt es an zu regnen. Wir besuchen das mittelalterliche Dorf Ramatuelle, das an einem Hang etwas im Landesinneren errichten worden ist. Kleine Gassen von Rundbögen überspannt, der Oleander blüht und hier und da ein nettes Café oder Bistro. Frankreich wie man es sich vorstellt.
Der Spieltag rückt näher. Zeit also, dass wir Marseille noch ein wenig näher kommen. Haben wir bisher kaum etwas von der EM hier in Frankreich mitbekommen (bis auf die Übertragungen in unserem Fernseher), so treffen wir während der Fahrt nun immer häufiger polnische Fans. In La Ciatat, ca. 20 km vor Marseille, finden wir schließlich einen netten Campingplatz mit schönem Blick auf die Bucht und das Meer. Um uns herum sind die Stellplätze von den anderen Gästen bereits in Weiß und Rot geschmückt, dazu gesellt sich nur eine Familie aus der Ukraine in Gelb.
Am frühen Abend gehen wir mal wieder unserer Hauptbeschäftigung nach, die neben dem Autofahren Fußballgucken ist. Zwischen den Spielen bauen wir unseren Grill am Felsenstrand auf und gönnen uns polnische Krakauer und deutsche Bratwurst.
Spieltag! Heute geht es los. Wir entschließen uns, das Wohnmobil aus Sicherheitsgründen hier auf dem Campingplatz stehen zu lassen und stattdessen mit dem Zug nach Marseille zu fahren. Am Bahnhof lernen wir den Studenten Theo kennen, der anbietet, uns mit seinem Auto zum Stadion zu bringen. Nach kurzer Verhandlung einigen wir uns auf einen fairen Preis und schon fahren wir die landschaftlich schöne Strecke nach Marseille, wo Theo uns an der Fanzone direkt am Strand rauslässt. Wir vereinbaren, dass er uns nach dem Spiel wieder abholt und uns zurück zum Campingplatz fährt. Was für ein Service!
Die vorherrschenden Farben sind, wie schon auf dem Campingplatz Weiß und Rot, die Polen sind ganz klar in der Überzahl. Dazwischen funkelt immer mal wieder ein gelbes Trikot der Ukraine auf, deren wenige Fans gut gelaunt und friedlich mit den Polen feiern. Die Fanzone ist eine Enttäuschung. Zu dieser Tageszeit ist sie ziemlich verwaist und mehr eine Präsentation der einzelnen Sponsoren. Das soll bei Spielen der französischen Mannschaft allerdings laut Theo anders sein und dieses Brachland sich in eine wilde Fußballparty verwandeln.
Über die breite Avenue du Prado gehen wir in Richtung Stadion. Überall Fans, die lauthals singen und feiern, trommeln und ein wenig mit der mitgebrachten Pyrotechnik spielen. Beruhigenderweise ist aber alles ziemlich friedlich, nur das massive Polizeiaufgebot mit Wasserwerfern und Panzerfahrzeugen erinnert an die Themen, die auch diese EM teilweise überschatten.
Und dann taucht es plötzlich auf, das imposante Stade Vélodrome. Obwohl es sich laut UEFA um ein Hochsicherheitsspiel handelt, sind die Einlasskontrollen recht locker und nicht strenger als bei einem ganz normalen Bundesligaspiel. Das Stadion, das sonst die Heimat von Olympique Marseille ist, wurde in den letzten Jahren eigens für die Europameisterschaft mit einer spektakulären Dachkonstruktion versehen und auf ca. 67.000 Plätze ausgebaut. Von außen sieht es schon klasse aus, von innen noch viel mehr!
Das Spiel, seien wir ehrlich, ist mehr als bescheiden. Das Einmalige ist die Stimmung und die Freude der Fans. Wir sitzen zwar in einem polnischen Block, der allerdings von den Ukrainern umgeben ist. Das Spiel plätschert vor sich hin, wobei die Ukraine das Spiel macht, was von lautstarken Fangesängen begleitet wird. Ich wusste gar nicht, das Ukrainer so eine Stimmung machen.
Die Polen spielen enttäuschend. Es gelingt nicht viel und wenn die Ukrainer ein wenig zielstrebiger wären, könnte es zu einer kleinen Überraschung kommen. So aber wird der ehemalige Dortmunder Blaszczykowski zur Halbzeit eingewechselt, der kurze Zeit später das 1:0 für Polen schießt und somit für den Endstand sorgt. Die Ukraine ist ausgeschieden, die Polen erreichen wie die Deutschen das Achtelfinale.
Nach dem Spiel treffen wir Theo am vereinbarten Treffpunkt. Die Straße zurück nach La Ciotat führt wie auf dem Hinweg durch das Massif des Calanques, einem Nationalpark zwischen Marseille und Cassis. Jetzt haben wir etwas mehr Zeit und Muße und können die Aussicht auf die steile Küste im Licht der untergehenden Sonne genießen. Bereitwillig stoppt Theo bei jeder passenden Gelegenheit, damit wir Fotos machen können. Nach Cassis nimmt er statt der normalen Landstraße die Route des Crêtes, die sich hoch in die Berge schlängelt und von der wir ebenfalls eine tolle Aussicht haben.
Zurück am Campingplatz müssen wir uns von der Mittelmeerküste verabschieden. Wir packen schnell unsere Sachen zusammen und machen uns auf den Rückweg. Da wir bereits am nächsten Tag wieder in Deutschland sein müssen, bleibt uns nichts anderes übrig, als wieder über Nacht zu fahren. Zu gerne würden wir jetzt noch den Abend mit Blick auf das Meer ausklingen lassen.
Wir fahren abwechselnd in 2er-Teams. Während zwei vorne im Fahrerhaus fahren bzw. sitzen, können die anderen beiden im hinteren Teil des Wohnmobils schlafen. So kommen wir gut voran.
Und dann sind wir auch schon wieder zurück Zuhause nach vier schnellen und aufregenden Tagen. Einfach nur mal maßlos Fußball schauen, grillen, sich das ein oder andere Bierchen gönnen und es sich gut gehen lassen. Wären wir nur zu dem Spiel gefahren, hätte sich der Trip nicht gelohnt und wir wären enttäuscht. Aber die Stimmung, das Ambiente waren einmalig. Und der Weg ist das Ziel, das macht einen guten Roadtrip aus.
Kommentare
Très bien!
Salut de Mimi
Ja, jaaa. Bier soll ja wirklich sehr gesund sein und wir Bayern sagen immer 3 Bier sind auch ein Schnitzel ;-)
Ach, ihr Bayern... wir haben 3 Bier und ein Schnitzel konsumiert ;-)
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