Ganz spontan an´s Kap
Aufregende Tage in Kapstadt
Es ist Mittwoch Nachmittag als ich den Anruf erhalte. Eine befreundete Produktionsfirma fragt an, ob ich sie bei der Umsetzung eines Projekts von Donnerstag bis Montag unterstützen könne. Soweit nichts ungewöhnliches. Nur lautet der Einsatzort Kapstadt! Eigentlich wollten wir über das Wochenende zu den Schwiegereltern nach Kassel fahren. Kassel oder Kapstadt? Nun, die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, aber bereits am nächsten Tag sitze ich mit einem Kollegen im South African-Flieger an´s Kap.
Sonntag findet ein Fahrrad-Rennen, die "Cape Argus Race" statt. Wir sollen den Zieleinlauf filmen und diesen als Stream bereitstellen. Mit der kompletten Ausrüstung (Kamera, Stative, Festplatten, usw.) fahren wir zum Frankfurter Flughafen, doch leider wurde beim Kölner Zoll in der Aufregung ein entscheidender Stempel bei den Unterlagen vergessen. Die Zollbeamten sind da sehr hart und so kann die Ausrüstung nicht verreisen. Wir fliegen trotzdem und wollen die Ausrüstung mit den korrekten Papieren am nächsten Tag von den Kollegen nachschicken zu lassen.
Nach einem angenehmen Nachtflug landen wir Freitag morgens um 6:00 in Kapstadt. Ein Fahrer des Veranstalters erwartet uns bereits mit einem Van und ist offensichtlich sehr irritiert, dass unser Gepäck nur so klein ausfällt. Wir schildern ihm das Problem, doch unsere Lösung scheint ihn nicht zu beruhigen. Denn der nächste Flieger aus Deutschland landet genau 24 Stunden später hier, an einem Samstag. Und da wird kein Cargo ausgegeben, da der Zoll geschlossen hat.
Auf dem Weg zum Flughafen passieren wir verschiedene Townships, die sich rechts und links von der Autobahn befinden. Ein erster Eindruck, der prägt. Unser Appartement-Hotel befindet sich im gediegenen Teil von Kapstadt, schön aufgeräumt und sauber in einer guten Nachbarschaft direkt am Meer.
Da die Situation für uns schwer einzuschätzen ist und wir nicht wissen, ob wir an die Ausrüstung am nächsten Tag wirklich herankommen, müssen wir Vorsorge leisten. Der Veranstalter besorgt uns ein Auto, einen roten Golf, mit dem wir uns nun auf die Suche nach einer Ersatzausrüstung machen. Den gesamten Freitag verbringen wir damit, sämtliche Film-Firmen in Kapstadt abzuklappern und uns so das notwendige Equipment zusammenzusuchen und zu mieten. Ein mühsames Unterfangen, da die benötigte Ausrüstung sehr speziell ist.
Auch wenn diese Aktion unglaublich stressig und nervenzerrend ist, sie hat auch etwas gutes. Wir kommen gut rum, entdecken alle möglichen Ecken Kapstadts und erleben unglaublich hilfsbereite Menschen. Freitag Abend haben wir es geschafft. Wir haben auf alle benötigten Geräte die Mietoption für das Rennen am Sonntag. Völlig fertig fallen wir ins Bett.
Samstag morgen stehen wir pünktlich um 6:00 wieder am Flughafen. Die gute Nachricht: Die Ausrüstung ist gut gelandet. Die schlechte Nachricht: Wie befürchtet hat der Zoll geschlossen und wir können die Ausrüstung nicht entgegennehmen.
Die Dame am Schalter gibt uns den Tipp, einen sogenannten Trading Agent einzuschalten, der uns die Ausrüstung "besorgen" kann. Und tatsächlich, vor dem Zollgebäude tummeln sich einige dieser Agenten und wir sprechen auf gut Glück den erstbesten an. "No problem" klingt schon mal gut und wir müssen uns mit viel Vertrauen von unserem deutschen Sicherheitsdenken verabschieden. Nachdem wir unserem Agenten die beträchtlichen Zollgebühren bar in die Hand gegeben haben, verabreden wir uns für den nächsten Morgen, um die Übergabe stattfinden zu lassen. Die Zeit ist knapp und das Risiko groß. Aber wir gehen es ein und hoffen, dass wir tatsächlich alles am nächsten Tag in Empfang nehmen können.
Erleichtert und dennoch zweifelnd können wir nun zumindest den Samstag Nachmittag etwas genießen. Nachdem wir Freitag kreuz und quer durch die Stadt gefahren sind, fahren wir nun hinaus an´s Kap.
Die Küstenstraße schlängelt sich an herrlichen Buchten und spektakulären Klippen vorbei in Richtung Kap. Wir genießen nach dem ganzen Stress und der Hektik die Ruhe und die Natur und umfahren so einmal die Kap-Halbinsel. Am Boulders Beach in Simon´s Town machen wir einen Stopp und besichtigen die dort beheimatete Pinguin-Kolonie. Abends entspannen wir an der Waterfront und gönnen uns ein ordentliches Abendessen und ein kühles Bier.
Sonntag morgen fahren wir durch ein Industrieviertel irgendwo hinter dem Flughafen. Wie in einem schlechten Gangsterfilm cruisen wir mit unserem Golf durch die menschenleeren Straßen und suchen den vereinbarten Treffpunkt, eine Lagerhalle. Werden wir hier wieder lebend rauskommen? Immerhin ist die Kameraausrüstung einiges wert und für einfache Menschen in Südafrika sicherlich noch mehr wert. Wer wird hier schon zwei deutsche Typen vermissen, die irgendwo im Niemalsland der Flughafen-Peripherie herumirren? Niemand wird uns hier vermuten. Wir versuchen diese Gedanken zu verdrängen und wollen vertrauen.
Alles verläuft problemlos und wir erhalten die Kamerausrüstung unversehrt. Nach der freundlichen Übergabe haben wir schon fast ein schlechtes Gewissen, dass wir je an unserem Agenten gezweifelt haben. Alles ist gut gegangen!
Wir packen die gesamte Ausrüstung in unseren kleinen Golf, was nicht ganz so einfach ist und fahren direkt zum Zielbereich nach Green Point. Wir erledigen den Job erfolgreich und der Veranstalter ist zufrieden. Na also, es geht doch.
Am nächsten Morgen geht es um 7:00 wieder zurück nach Deutschland. Auch wenn der Besuch in Kapstadt etwas ungewöhnlich verlaufen ist und wir leider kein klassisches Touri-Programm absolvieren konnten (ein Besuch auf dem Tafelberg wäre sicherlich nett gewesen), so haben wir die Stadt und die Menschen in der Kürze auf eine ganze andere Art kennengelernt. Und das macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Das nächste Mal dann aber mit Ruhe und Muße.
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