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Dr. Ali im Erdbeerland

Ausflug in die Cameron Highlands

Nachdem wir den Mietwagen in Kuala Lumpur abgeholt haben, kann es nun losgehen in Richtung Cameron Highlands. Doch die Stadt will uns einfach nicht loswerden und beglückt uns auf dem Autobahnring mit einem gepflegten Stau. Wir bleiben also unfreiwillig noch eine Stunde länger.

Je weiter wir uns von Kuala Lumpur entfernen, desto ruhiger wird der Verkehr. Generell empfinden wir das Fahren in Malaysia - gleich ob auf den gebührenpflichtigen Autobahnen oder kurvigen Landstraßen- als sehr angenehm. Die übrigen Verkehrsteilnehmer fahren zurückhaltend und keineswegs aggressiv, wie wir es vorher an verschiedenen Stellen gelesen hatten. Die Orientierung fällt relativ leicht, da die Schilder oft auch auf englisch sind.

Für die 200 km in die Cameron Highlands benötigen wir gute 4 Stunden. Zunächst fahren wir die Autobahn Richtung Norden und kehren für eine Mittagspause in eine Autobahnraststätte ein. Diese ist eher ein Foodcourt, in dem verschiedene Stände jeweils einige wenige Gerichte anbieten. Noch nie habe ich ein so fantastiches Essen an einem Rasthof gegessen, davon mal abgesehen, dass wir für unser Essen inklusive Getränke umgerechnet 2 Euro bezahlen. Die Mittagspause wird dann noch um eine halbe Stunde verlängert, als Milan den Kinderspieltplatz in der prallen Mittagssonne entdeckt. Nach der ganzen Fahrerei können wir ihm den Besuch, gut eingecremt und mit Sonnenhut, natürlich nicht verwehren.

Bei Tapah verlassen wir die Autobahn und nehmen die kurvige, ca. 60 km lange Straße hinauf in die Highlands. Hier herrscht kaum noch Verkehr und Orte gibt es bis auf wenige Orang Asli-Dörfer auch nicht mehr. Wir genießen die Fahrt, schauen aus den Fenstern hinaus in den Dschungel und auf die kommenden Berge.

Die Cameron Highlands sind eine hügelige Hochebene, die zur Kolonialzeit Ende des 19. Jahrhunderts von den Engländern als Teeanbaugebiet entdeckt worden ist. Das etwas kühlere Klima bietet eine angenehme Abwechslung zu den sonst tropischen Verhältnissen und wurde daher schon damals von den Briten als Erholungsort genutzt. Die Einflüsse sind bis heute nicht zu übersehen, gepflegte Gärten, englische Landhäuser und neben den Teeplantagen auch reichlich Erdbeerfelder.

Unser Zielort ist Tanah Rata. Der Ort hat sich entlang der Straße entwickelt, bietet eine vernünftige Infrastruktur mit diversen Läden, Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten. Wir hatten uns im Vorfeld im Father´s Guesthouse ein Zimmer gebucht. Auf einem Hügel am Rande des Ortes liegend, ist das Gästehaus in dem ehemaligen Wohnhaus eines französischen Missionars beheimatet. Ein einfaches, sauberes und sehr angenehmes Haus mit großem Garten und toller Atmosphäre, das hauptsächlich von Backpackern besucht wird.

Cameron Highlands Malaysia
Unsere Unterkunft im ehemaligen Wohnhaus des Missionars

Kurz vor der Reise hatte ich mir eine nervige Erkältung zugezogen, die ich nun schon seit unserer Ankunft in Malaysia mit mir rumschleppe. Leider wird es auch nach ein paar Tagen nicht besser, eher schlechter. Anfangs nur beim Husten, später dann bei jedem tiefen Atemzug habe ich starke Schmerzen in der Brust. Normalerweise gehe ich mit solchen Krankheiten entspannt um, die Tatsache, dass wir uns gerade in irgendeinem kleinen Dorf umgeben von Hügeln, Teefeldern und Dschungel befinden, empfinde ich dann aber doch eher als unangenehm. Ich kann die ganze Nacht vor Schmerzen nicht schlafen und male mir aus, was alles mit einer verschleppten Grippe passieren kann.

Es hilft nichts, ich muss am nächsten Tag zum Arzt. Zum Glück gibt es in Tanah Rata einen und offensichtlich den einzigen weit und breit. Seine Praxis liegt an der Hauptstraße in einem kleinen Ladenlokal und ist geschlossen. Auf einem Schild erfahre ich, dass Dr. Alis Sprechstunde um 20:00 beginnt. Wunderbar, denn wir haben ja erst 9:00 morgens.

Da es mir tagsüber besser geht als nachts im Bett liegend, wollen wir den Tag nutzen und besuchen zunächst eine Butterfly Farm. Für Milan ein Highlight und auch wir haben Spaß daran, im Freifluggehege zahlreiche bunte und prachtvolle Schmetterlinge bewundern zu können. Weiter hinten im Gelände gibt es seltene Käfer, Schildkröten, Schlangen, Skorpione und Spinnen anzuschauen. Vor allem das Wandelnde Blatt und die Man Face Bugs haben es uns angetan.

Cameron Highlands Malaysia
Butterfly Farm
Cameron Highlands Malaysia
Das Wandelnde Blatt
Schildkröte aus nächster Nähe

Pünktlich um 20:00 stehe ich wieder vor Dr. Alis Laden. Eine knappe Stunde später erscheint ein ziemlich kleiner Mann im Kaftan und mit einem bunten Mützchen auf dem Kopf. Er zieht einen großen Schlüssel aus seinem Gewand hervor und öffnet die Türe. Ist das Dr. Ali? Er ist es! Mit einem zahnlosen Grinsen bittet er mich einzutreten: "Welcome, come in!" Ich trete etwas skeptisch aber durchaus neugierig ein. Ich schildere meine Beschwerden, Dr. Ali nickt verständnisvoll und untersucht mich gründlich. Tief einatmen, tief ausatmen! Er scheint der Sache auf den Grund gekommen zu sein und erklärt mir ausladend etwas, das ich nicht verstehe. Er spricht zwar fliessend englisch, aber da er kaum Zähne im Mund hat, verstehe ich sein Nuscheln nicht. Das wiederrum versteht er und erklärt mir meine Krankheit anhand einer Skizze, die er auf ein Post It zeichnet. Ich erkenne, dass ich irgendetwas an den Rippen habe, wahrscheinlich eine Rippenfellentzündung, wie ich mir daraufhin zusammenreime. Er erklärt, dass er dafür eine Medizin habe und verschwindet in einem Nebenraum. Ich rechne mit dem Schlimmsten, aber als er mir eine Packung Voltaren-Tabletten übergibt, bin ich erleichtert. Voltaren kenne ich, das ist ein gutes Zeichen. Ich zahle direkt in bar für Behandlung und Medikamente, insgesamt ungefähr 15 Euro. Da war meine Reisekrankenversicherung deutlich teurer. 
Die Tabletten helfen und ich bin um eine Erfahrung reicher. In dieser Nacht kann ich schon besser schlafen und die Schmerzen nehmen zunehmend ab.


Von Tanah Rata aus lassen sich verschiedene Wanderungen unternehmen. Auch das Father´s Guesthouse bietet Touren in die Umgebung an. Die Aussicht auf Wasserfälle, Mooswälder und dichte Dschungelpfade klingt verlockend, aber da ich noch nicht richtig fit bin und wir Milan in der Kraxe tragen müssen, entschliessen wir uns zu einem gemütlichen Spaziergang durch die Teeplantagen und einem Besuch des Boh Tea Centre.

Cameron Highlands Malaysia
Teeplantagen in den Cameron Highlands
Cameron Highlands Malaysia
Teeplantagen in den Cameron Highlands
Cameron Highlands Malaysia
Teeplantagen in den Cameron Highlands

Das Wetter ist mit ca. 22 Grad angenehm und der Himmel bedeckt. Wir biegen von der Hauptstraße in ein enges Tal ab, dessen Hänge über und über mit Teepflanzen bedeckt sind. Es ist ebenso faszinierend wie atemberaubend, wie sich die Pflanzen wie ein dichter grüner Teppich über die hügelige Landschaft legen. Eine ganz besondere Kulisse und ein wunderschöner Anblick, der nur durch einen plötzlich einsetzenden Regenschauer etwas gestört wird.

Wir erreichen ein Arbeiterdorf, das wie ausgestorben wirkt. Wir parken unseren Wagen und gehen einen Weg hoch zu der alten Fabrik. Die Plantage wurde 1929 von einem Engländer gegründet und zählt heute zu den größten Tee-Produzenten des Landes. Das Boh Tea Centre informiert in einer kleinen, ehemaligen Fabrik über die Geschichte des Unternehmens. In einem modernen, über den Hang ragenden Cafe schmeckt der Tee bei der Aussicht besonders lecker, dazu kann man leckere Kekse und Kuchen verputzen und einfach nur genießen.

Cameron Highlands Malaysia
Arbeitersiedlung
Cameron Highlands Malaysia
Ein Tempel darf hier nicht fehlen
Klare Anweisungen in der Dorfschule
Cameron Highlands Malaysia
Das Boh Tea Centre

Neben Tee werden in den Cameron Highlands auch großflächig Erdbeeren angebaut. Das nimmt zum Teil etwas groteske Züge an. Denn da man die Teepflanze anscheindend nicht so stark vermarkten kann, muss stattdessen die Erdbeere herhalten. Selbstverständlich kann man die zahlreichen Erdbeerfarmen besichtigen und die roten Früchte in allen Varianten verköstigen. Entlang der Hauptstraße durch die Cameron Highlands entwickelt sich das Erscheinungsbild je weiter man kommt mehr und mehr zu einem großen Erdbeer-Freizeitpark. Überdimensinale Erdbeeren aus Plastik oder Pappmaché säumen die Straßen und sollen die Besucher in die Strawberry-Shops locken. Hier kann man alles kaufen, was man mit Erdbeeren in Verbindung bringen kann (oder auch nicht): Erdbeer-Schlüsselanhänger, Erdbeer-Taschen, Erdbeer-Pantoffeln, Erdbeer-Abendkleider, Erdbeer-Lampen, usw.. Und so wundert es einen nicht, wenn man auf seinen Spaziergängen durch die Region vorzugsweise asiatischen Touristen begegnet, die riesige Erdbeeren aus Plüsch als Andenken mit sich herumschleppen.

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